Deutsch (Deutschland)

Doch der richtige Beruf

Schnitzereien

Ich war zuhause – im richtigen Beruf. Flötenbau wurde zu meiner Leidenschaft.

Natürlich war ich hungrig darauf, etwas mehr an Erfahrungen zu machen, als mir das in der „Flötenfabrik“ möglich war.

Schnell begriff ich, dass das Wesentliche an einer guten Flöte der Klang ist – und der wird wesentlich bestimmt vom aufwendigsten Stück des Instruments, dem Kopfstück (natürlich – der Rest der Flöte spielt eine genauso große Rolle – das durfte ich später begreifen). Vor allem hatte ich ja mit recht einfachen Instrumenten zu tun, mit Sopranflöten für Anfänger. Und auch da war eine ganze Menge an Arbeit, die zu tun war. Ein Windkanal wurde im Inneren gehobelt, außen wurde ein Labium geschnitzt – alles mit Maschinen. Schließlich wurde der (auch vorgefräste) Block eingebaut – die ersten Töne waren möglich und durften dann durch Handarbeit verfeinert werden. Dies war mein Job im Alltag.

Und ich wollte natürlich wissen: Wie macht man das alles von Hand?

Also ging ich los, in die Werkzeugläden, besorgte mir Stemmeisen, Feilen und Schnitzmesser (manche dieser Werkzeuge habe ich heute noch auf meinem Tisch). Setzte mich nach Feierabend an den Küchentisch und versuchte, die ersten Labien zu schnitzen. Konnte ausprobieren, was geschieht, wenn ich es etwas dicker ließ oder dünner machte, weiter öffnete oder enger ließ.

Wenn etwas daneben ging, mir das Messer abrutschte – solange es keinen Finger traf, war es egal – das war ja alles Material aus dem Abfallsack.

Bis ich mich einmal traute, einen Windkanal selbst zu feilen oder einen Block selbst zu schnitzen – das dauerte noch etliche Jahre. Dazu waren auch einige andere Werkzeuge notwendig, die es im Laden nicht gab. Ein befreundeter Werkzeugbauer half mir dabei, so etwas herzustellen. Auch aus dieser Zeit finde ich noch das eine oder andere Stück in meinen Werkzeugschublanden.

Drechselversuche

Etwas ganz Wesentliches an allen Blockflöten, die ich kannte, war: Sie sind rund.

Holz rund zu bekommen – das ist die Profession der Drechsler.

Natürlich wurde auch in „meiner“ Firma gedrechselt – allerdings mit automatischen Maschinen, gesteuert durch Schablonen und ausgestattet mir Messern, die Verzierungen passgenau schnitten – die gängigen Techniken in den Siebzigern des vergangenen Jahrhunderts.

In der Ecke der Drechslerei stand auch eine Hand-Drechselbank. Lehrlinge (heute natürlich: „Auszubildende“) sollten auch das Drechseln von Hand lernen. Wie groß war meine Freude, als ich dann auch (ich war ja noch kein Lehrling) einmal in der Woche an die Bank durfte!

Erst mal ein vierkantiges Stück Holz rund bekommen – wow, da flogen die Späne! Und ich wusste spätestens, wenn ich abends den Pullover auszog, warum es mich da oder dort juckte. Und wie aufregend war es, dann ein feineres Werkzeug in der Hand zu haben und mich an den ersten „richtigen“ Formen zu versuchen.

Immer wieder: ein schöner Schwung in einer Form, und dann ein kräftiges „Ratsch“ – das war’s für den Moment. Neuer Versuch, neues Glück.

Irgendwann sah dann manches Stück Holz vor mir aus wie ein Flötenteil. Bald hatte ich es heraus, nach einer Zeichnung ein schönes Kopfstück oder einen Fuß aus dem Holz herauszuarbeiten. Kurioserweise erwies es sich als schwieriger, etwas zu drechseln, was eigentlich viel einfacher wirkte: ein glattes Unterstück. Das sollte ja wirklich gerade sein und keine Wellen aufweisen.

Und ja – auch ich produzierte bei meinen Versuchen an der Drechselbank ziemlich viel Brennholz. Damit heizte ich ja auch zu dieser Zeit.

Selbstverständlich wollte ich das alles auch zuhause probieren – mein Ziel hieß ja: Werkstatt mit Ofen, Tee und Amselgesang!

Eine Bohrmaschine hatte ich schon, also brauchte ich noch einen Drechselzusatz aus dem Werkzeugladen. Ein kleiner Kellerraum im Haus meiner allerersten WG wurde zu meiner Werkstatt. Ein Arbeitstisch, darauf die Drechseleinrichtung samt Bohrmaschine. E§s drehte sich und machte Krach. Irgendwie bekam ich das Holz rund damit. Als ich dann in einem Dorf in der Rhön (eine traditionelle Drechsler-Region) eine kleine alte Drechselbank kaufen konnte, war ich doch zufriedener. Ich verbrachte viel Zeit in diesem Kellerraum, mehr im Sommer als im Winter – Heizung gab es da nicht.